Füllwörter
Autor: Silvan Maaß
Die deutsche Sprache verfügt über eine Vielzahl an kleinen, oft übersehenen Wörtchen, die auf den ersten Blick entbehrlich erscheinen mögen. Diese sogenannten "Füllwörter" sind ein fester Bestandteil der deutschen Sprache und treten sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache auf.
INHALTSVERZEICHNIS
- Definition: Füllwörter
- Funktionen von Füllwörtern
- Sollte man Füllwörter vermeiden?
- Abgrenzungen
- Herausforderungen für Deutschlernende
- Füllwörter Beispiele
- Füllwörter Liste
Definition: Füllwörter
Ein Füllwort - umgangssprachlich auch als "Müllwort" abgetan - bezeichnet ein Wort mit minimaler inhaltlicher Aussagekraft, das für das Verstehen eines Kontextes nicht notwendig ist. Man könnte auch sagen: Füllwörter sind überflüssige Worte. Sie bieten einem Kontext keinen Mehrwert, weil sie ihm keine neuen Inhalte hinzufügen. In schriftlichen Texten blähen sie Sätze auf, ziehen sie unnötig in die Länge und verlangsamen dadurch den Lesefluss. Nichtsdestotrotz erfüllen sie auch wichtige Funktionen.
Funktionen von Füllwörtern
Obwohl Füllwörter nur einen sehr geringen Aussagewert haben, erfüllen sie dennoch wichtige Funktionen:
Funktionen in der gesprochenen Sprache
In der gesprochenen Sprache entfalten Füllwörter ihr volles Potenzial:
- Sprachfluss natürlich gestalten: Der gelegentliche Einsatz von Füllwörtern in der mündlichen Kommunikation ist durchaus akzeptabel und kann sogar wünschenswert sein, da sie zur Natürlichkeit des Sprechflusses beitragen und Gesprächen somit eine authentische Not verleihen können.
- Denkpausen einlegen: In mündlicher Kommunikation – sei es in alltäglichen Gesprächen oder bei freien Vorträgen – können uns Füllwörter wertvolle Denkpausen verschaffen. Indem wir sie als "sprachliche Platzhalter" verwenden, verschaffen wir unserem Gehirn eine kognitive Entlastung. Wir können weitersprechen, ohne sofort die nächste inhaltlich gewichtige Aussage formulieren zu müssen.
- Zeit gewinnen: Oftmals beginnen wir zu sprechen, noch bevor wir unsere Gedanken vollständig geordnet haben. In solchen Momenten dienen Füllwörter als wertvolle kognitive Brücken. Sie schaffen einen zeitlichen Puffer, in dem unser Gehirn die notwendigen Verbindungen herstellen und Ideen strukturieren kann.
- Höflichkeitspuffer zum Abschwächen von Aussagen: Viele Füllwörter dienen dazu, Aussagen abzumildern oder weniger direkt erscheinen zu lassen. Besonders in kritischen Äußerungen kann ein Wort wie "irgendwie" die Härte der Aussage abschwächen. Es wirkt wie ein sprachliches Polster, das Kritik sanfter klingen lässt. So klingt "Das Design wirkt irgendwie unausgereift" weniger hart als "Das Design ist unausgereift".
- Kommunikative Platzhalter, um Sprechpausen zu überbrücken: Verstreicht im Gespräch zu viel Zeit ohne verbale Äußerung, riskieren wir, dass unsere Gesprächspartner mental abwandern oder die Stille als Aufforderung zum Sprecherwechsel interpretieren. Füllwörter fungieren in dieser Situation als kommunikative Platzhalter. Sie senden ein klares Signal: "Ich halte noch meinen Redebeitrag, bitte noch einen Moment Geduld."
- Sanfte Übergänge im Gespräch: Plötzliche Wechsel von einem Thema zum anderen können unhöflich oder verwirrend wirken, da sie das Gespräch abrupt unterbrechen. Füllwörter wie "übrigens", "nun ja" oder "also" dienen dazu, euren Gegenüber gedanklich auf den Wechsel vorzubereiten und den Übergang weicher zu gestalten.
- Emotionale Färbung: Obwohl inhaltsleer, spielen Füllwörter eine wichtige Rolle in der Kommunikation, da sie subtile Hinweise auf die emotionale Haltung des Sprechers geben können. Beispiele wie "eigentlich" oder "natürlich" können je nach Kontext und Intonation Unsicherheit, Zustimmung oder Überraschung vermitteln. Daher ist es wichtig, Füllwörter nicht nur als überflüssige Elemente zu betrachten, sondern auch ihre Fähigkeit zu erkennen, emotionale Nuancen in der Sprache auszudrücken.
Funktionen in der geschriebenen Sprache
In der geschriebenen Sprache ist die Verwendung von Füllwörtern eingeschränkter und wird in formellen Texten, wo Präzision und Knappheit im Vordergrund stehen, wie z. B. in wissenschaftlichen Arbeiten oder Geschäftsbriefen, als stilistisches Problem betrachtet. Dennoch können sie auch hier, besonders in informelleren Textformen wie E-Mails, Chats oder literarischen Dialogen, zur Authentizität und Lebendigkeit beitragen, sofern sie nicht in übertriebenem Maße eingesetzt werden. Ebenso können sie der geschriebenen Sprache emotionale Färbungen verleihen. Ein "Natürlich kannst du das!" wirkt auch schriftlich anders als ein schlichtes "Du kannst das!".
Sollte man Füllwörter vermeiden?
Häufig liest man, dass man Füllwörter vermeiden soll? Doch was ist an dieser Aussage dran? Generell hängt der Einsatz von Füllwörtern stark vom Kontext ab, wie im vorhergehenden Abschnitt bereits thematisiert.
In der geschriebenen Sprache, besonders in formellen Texten (z. B. wissenschaftliche Texte wie Forschungsartikel in Fachzeitschriften oder Dissertationen und Masterarbeiten bzw. in Studienarbeiten generell), ist es ratsam, Füllwörter stark zu reduzieren oder ganz wegzulassen. Sie können dort den Text verwässern und unpräzise wirken lassen. Dennoch haben sie ihre Berechtigung.
In der gesprochenen Sprache kommt ihnen eine größere Rolle zu, wie man anhand ihrer Funktionen sehen kann. Eine "bereinigte" Sprache ohne Füllwörter ist nicht denkbar. Allerdings kann ein Übermaß (bspw. ein ständiges "sozusagen" oder "halt") störend wirken und von den Inhalten ablenken.
Lässt man die Verwendung in wissenschaftlichen Texten außen vor, wo deren Vermeidung angestrebt werden sollte, ist es letztlich eine Frage der Balance: Ein bewusster Umgang mit Füllwörtern, bei dem man ihre kommunikativen Funktionen nutzt, ohne sie überzustrapazieren, ist meist sinnvoller, als ein striktes Vermeiden oder gedankenloses Verwenden.
Abgrenzungen
Eine klare Abgrenzung von verwandten Begriffen ist entscheidend, um die spezifische Rolle von Füllwörtern zu verstehen. Abgrenzen lassen sich:
- Diskursmarker / Gesprächsmarker: Sprachliche Ausdrücke, die meist am Anfang eines Satzes oder einer Äußerung stehen. Diese Marker sind normalerweise nicht fest in den Satzbau eingebunden. Sie sind oft durch eine kurze Sprechpause oder eine besondere Betonung vom Rest des Satzes abgegrenzt und haben die Aufgabe, Gespräche zu strukturieren und Hinweise darauf zu geben, wie eine nachfolgende Aussage zu verstehen ist. Sie machen das sprachliche Handeln somit interpretierbar. Beispiele: "nee", "okay"
- Häsitationsmarker (Verzögerungslaut): Spezifische Laute wie "äh" oder "ähm", die verwendet werden, um dem Sprecher Zeit zum Nachdenken zu geben und dem Zuhörer zu signalisieren, dass der Sprecher noch nicht fertig ist.
Herausforderungen für Deutschlernende
Für Lernende des Deutschen als Fremdsprache stellen Füllwörter eine besondere Herausforderung dar. Ihre Bedeutungen sind schwer zu fassen und oft nicht direkt übersetzbar. Für die korrekte Verwendung von Füllwörtern sind daher fortgeschrittene Sprachkenntnisse nötig. Sofern vorhanden, können Füllwörter zu einer natürlich klingenden Sprachbeherrschung beitragen.
Füllwörter Beispiele
Füllwörter sind nicht gleich Füllwörter, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Die Verhandlungen sind allem Anschein nach erfolgreich verlaufen und der Vertrag wird bald unterzeichnet.
Satz ohne Füllwort
Die Verhandlungen sind erfolgreich verlaufen und der Vertrag wird bald unterzeichnet.
Dieses Beispiel ist ein klassischer Fall für ein überflüssiges Füllwort bzw. eine überflüssige Füllphrase, denn hier lässt sich "allem Anschein nach" streichen, ohne das sich die Aussage des Satzes verändert.
Im nächsten Beispiel sieht dies anders aus:
Ich komme eventuell etwas später.
Satz ohne Füllwort
Ich komme etwas später.
Entfernen wir hier "eventuell", ändert sich die Bedeutung des Satzes grundlegend. In der ersten Variante besteht nämlich die Möglichkeit, dass ein pünktliches Erscheinen durchaus möglich ist, während es in der zweiten Variante definitiv zu einer Verspätung kommen wird. "Eventuell" ist in diesem Beispiel also kein überflüssiges Füllwort, sondern ein essentieller Bestandteil für die beabsichtigte Aussage des Satzes.
Füllwörter Liste
Die folgende Liste enthält 305 Füllwörter samt Bedeutung. Beachte, dass bestimmte Wörter nicht ausschließlich als Füllwörter verwendet werden, sondern auch sinnvoll in einen Text eingebunden sein können. Im Zweifelsfall solltest du überprüfen, ob sie einen wesentlichen Beitrag zum Inhalt leisten oder ob dein Text auch ohne sie verständlich ist.
- aber
- abermals
- abgesehen davon
- absehbar
- absolut
- ähnlich
- allein
- allem Anschein nach
- allemal
- allenfalls
- allerdings
- allesamt
- allgemein
- allzu
- also
- an sich
- ansatzweise
- anscheinend
- arg
- auch
- auf jeden Fall
- aufs Neue
- augenscheinlich
- ausdrücklich
- ausnahmslos
- außergewöhnlich
- außerordentlich
- bedauerlicherweise
- beinahe
- bekanntlich
- bereits
- besonders
- bestenfalls
- bestimmt
- beträchtlich
- bisweilen
- bloß
- charakteristisch
- dabei
- dann
- definitiv
- demgegenüber
- demnach
- derart
- des Öfteren
- direkt
- doch
- durchaus
- durchschnittlich
- durchweg
- eben
- ebenfalls
- echt
- eigentlich
- eindeutig
- einfach
- einige
- einigermaßen
- einmal
- endlich
- enorm
- entsprechend
- erheblich
- erstaunlich
- erstaunlicherweise
- etliche
- etwa
- etwas
- eventuell
- exakt
- extrem
- fantastisch
- fast
- folgendermaßen
- folglich
- fortwährend
- fraglos
- freilich
- ganz
- ganz und gar
- gar
- gegebenenfalls
- gelegentlich
- gemeinhin
- genau
- genauso
- generell
- gerade
- geradezu
- gewiss
- gewisse
- gewissermaßen
- gewöhnlich
- gezielt
- gleichsam
- gleichwohl
- grundsätzlich
- gut
- gänzlich
- halt
- hauptsächlich
- hervorragend
- hier und da
- hingegen
- hinlänglich
- höchst
- im Allgemeinen
- im Detail
- im Endeffekt
- im Ernst
- im Grunde
- im Prinzip
- im Rahmen
- im Wesentlichen
- immer
- immerhin
- immerzu
- in aller Deutlichkeit
- in der Regel
- in der Tat
- in diesem Zusammenhang
- in etwa
- in gewisser Weise
- in mancher Hinsicht
- in Wahrheit
- infolgedessen
- insbesondere
- insgesamt
- insofern
- interessanterweise
- inzwischen
- irgend
- irgendwann
- irgendwie
- irgendwo
- ironischerweise
- ja
- jedenfalls
- jedoch
- kaum
- keinesfalls
- keineswegs
- komplett
- konkret
- kurioserweise
- kurzerhand
- lediglich
- leicht
- leider
- letzten Endes
- letztendlich
- längstens
- mal
- manchmal
- maßgeblich
- mehr oder minder
- mehr oder weniger
- mehrere
- mehrfach
- meiner Meinung nach
- meist
- meistens
- mit Sicherheit
- mithin
- mitunter
- mutmaßlich
- mäßig
- möglicherweise
- nachhaltig
- nahezu
- naturgemäß
- natürlich
- nebenbei
- neuerdings
- nichtsdestotrotz
- nichtsdestoweniger
- nie
- niemals
- normalerweise
- nun
- nur
- nämlich
- offenbar
- offenkundig
- offensichtlich
- oft
- ohne Umschweife
- ohne weiteres
- ohne Zweifel
- ohnehin
- paradoxerweise
- partout
- persönlich
- plötzlich
- praktisch
- prinzipiell
- präzise
- quasi
- recht
- regelrecht
- reichlich
- rein
- relativ
- ruhig
- rückblickend
- schlichtweg
- schließlich
- schon
- schwer
- schwerlich
- sehr
- selbst
- selbstredend
- selbstverständlich
- seltsamerweise
- sicher
- sicherlich
- so
- so gut wie
- so oder so
- sogar
- sogleich
- sonst
- sowohl
- sozusagen
- speziell
- stets
- streng
- strenggenommen
- super
- tatsächlich
- teils
- teilweise
- theoretisch
- toll
- total
- trotzdem
- überaus
- überdies
- überhaupt
- überraschenderweise
- übrigens
- unbedingt
- und zwar
- unerhört
- unerwarteterweise
- ungeachtet dessen
- ungefähr
- ungemein
- ungewöhnlich
- unglaublich
- ungleich
- unheimlich
- unlängst
- unter Umständen
- unterm Strich
- unvermeidlich
- ursprünglich
- verdammt
- verflucht
- vergleichbar
- vergleichsweise
- vielfach
- vielleicht
- voll
- vollkommen
- vollständig
- von daher
- vor allem
- voraussichtlich
- völlig
- wahrscheinlich
- weiterhin
- weitestgehend
- weitgehend
- weitreichend
- wenige
- wenigstens
- wenn auch
- wie gesagt
- wieder
- wieder einmal
- wiederum
- wirklich
- wohl
- wohlgemerkt
- wohlweislich
- womöglich
- ziemlich
- zudem
- zugegeben
- zugegebenermaßen
- zum Beispiel
- zum Schluss
- zum Teil
- zumeist
- zusehends
- zusätzlich
- zutiefst
- zuvor
- zuweilen
- zwar
- zweifellos
- zweifelsfrei
- zweifelsohne

Über den Autor
Silvan Maaß ist Diplom-Kommunikationswirt (dab) sowie Mitbegründer der Sprachnudel, wodurch er sich seit 20 Jahren beinahe täglich mit theoretischer und angewandter Linguistik beschäftigt. Die Lebendigkeit der Sprache hat es ihm besonders angetan. Daher interessiert er sich insbesondere für Okkasionalismen und Neologismen - zwei kreative Themenfelder der Linguistikforschung, die in unserer Gesellschaft relevanter denn je sind.

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