Euphemismus

Autor: Silvan Maaß

Im Wörterbuch: Euphemismus

Euphemismus - Alles was du darüber wissen musst!

Euphemismen sind ein vielseitiges und oft nützliches sprachliches Werkzeug, die eine wichtige Rolle in der alltäglichen Kommunikation und in vielen beruflichen und sozialen Kontexten spielen. Durch den bewussten und verantwortungsvollen Einsatz von Euphemismen könnt ihr eure Kommunikationsfähigkeiten verbessern und schwierige Themen sensibler und effektiver ansprechen.

1. Definition: Was ist ein Euphemismus?

Ein Euphemismus ist ein sprachlicher Ausdruck, der eine unangenehme, peinliche oder tabuisierte Sache durch einen milderen, weniger direkten oder beschönigenden Begriff ersetzt. Der Zweck eines Euphemismus ist es, negative Emotionen zu vermeiden oder soziale Tabus zu umgehen.

2. Was bedeutet Euphemismus?

Das Wort "Euphemismus" stammt vom Altgriechischen "euphēmía" und bedeutet "Worte von guter Vorbedeutung". Es setzt sich aus "eu" (deutsch: gut) und "phēmí" (deutsch: ich sage, 1. Person Singular) zusammen.
Euphemismen gibt es schon seit der Antike, wo sie oft verwendet wurden, um Götter oder heilige Dinge zu beschreiben, ohne sie direkt zu benennen.

3. Arten von Euphemismen

Euphemismen lassen sich in zwei unterschiedliche Arten aufteilen:

3.1 Verhüllende Euphemismen

Verhüllende Euphemismen haben ihre Wurzeln in menschlichen Bedürfnissen und wurden ursprünglich verwendet, um tabuisierte Wörter und Ausdrücke zu ersetzen. Zu den klassischen Tabubereichen zählen u.a. Tod, Krankheiten, Sexualität und Fäkalien. Heutzutage basieren verhüllende Euphemismen auf der gesellschaftlichen Norm, dass der Mensch als soziales Wesen Taktgefühl zeigen und aus Höflichkeit Rücksicht auf die Gefühle anderer nehmen sollte.

3.2 Verschleiernde Euphemismen

Der Einsatz verschleiernder Euphemismen ist eng mit dem zunehmenden Bedürfnis verbunden, unangenehme, peinliche und gefährliche Situationen sowie schockierende oder brutale Ereignisse in Politik, Wirtschaft, Umwelt und anderen Bereichen zu beschönigen und zu verschleiern.
Verschleiernde Euphemismen dienen hauptsächlich den Interessen des Sprechers, da sie darauf abzielen, die Meinung des Hörers in eine bestimmte Richtung zu lenken. Durch diese Ausdrucksweise wird die Aufmerksamkeit des Hörers auf jene Aspekte eines Sachverhalts gelenkt, die aus Sicht des Sprechers sein Anliegen in einem positiveren Licht darstellen.

4. Funktionen von Euphemismen

Betrachtet man Euphemismen nach ihrer Funktion, lassen sich folgende Einteilungen machen:

  • Minderung von Unannehmlichkeiten & Wahrung der Würde

    Euphemismen helfen dabei, unangenehme oder schmerzhafte Themen zu mildern und dadurch leichter ansprechbar zu machen. Gerade bei sehr sensiblen Themen wie Krieg, Tod, Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Sexualität oder finanzielle Schwierigkeiten tragen Euphemismen dazu bei, die Würde der Betroffenen zu wahren und nicht durch zu direkte oder brutale Worte zu verletzen.
    • Tod: "Er hat uns verlassen.", "Sie ist heimgegangen.", "Er ist entschlafen.", "palliativ" statt "sterbenskrank"
    • Krankheit: "Er hat gesundheitliche Herausforderungen.", "Sie kämpft mit einer Krankheit.", "Pflegebedürftiger" statt "Invalide"
    • Arbeitsplatzverlust: "Er wurde freigestellt.", "Sie sucht nach neuen beruflichen Möglichkeiten."
    • Finanzielle Schwierigkeiten: "Er hat finanzielle Engpässe.", "Sie befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage."
  • Umgehung von Tabus

    In vielen Kulturen gibt es Themen, die als unangemessen oder tabuisiert gelten. Euphemismen ermöglichen es, solche Themen zu besprechen, ohne soziale Normen zu verletzen.
    • "Er ist auf die Toilette gegangen." statt "Er hat uriniert."
    • "Sie ist in anderen Umständen." statt "Sie ist schwanger."
  • Höflichkeit und Takt

    In der zwischenmenschlichen Kommunikation werden Euphemismen verwendet, um höflich zu bleiben und taktvoll zu sprechen, besonders in heiklen Situationen.
    • "Er ist nicht mehr der Jüngste." statt "Er ist alt."
    • "Sie hat eine volle Figur." statt "Sie ist dick."
  • Beschönigung, Manipulation und Propaganda

    Manchmal werden Euphemismen bewusst eingesetzt, um die Wahrnehmung von Sachverhalten zu beeinflussen und sie positiver darzustellen, als sie tatsächlich sind. Dies kann u.a. in der Politik, in den Medien und in der Werbung vorkommen.
    • "Kollateralschaden" statt "Ziviltote"
    • "Umstrukturierung" statt "Entlassungen"
    • "gebraucht" oder "vintage" statt "second-hand"
  • Emotionaler Schutz

    Euphemismen schützen sowohl den Sprecher als auch den Zuhörer emotional. Sie schaffen eine gewisse Distanz zu unangenehmen Themen und machen es leichter, darüber zu sprechen.
    • "Lebensabend" statt "Alter" oder "Gebrechlichkeit"
    • "Er muss seinen Lebensstil anpassen." statt "Er hat kein Geld mehr."
  • Vermeidung sozialer Spannungen

    Euphemismen finden sich auch in sozialen und kulturellen Zusammenhängen, oft um soziale Spannungen zu entschärfen oder bestimmte Gruppen nicht zu beleidigen.
    • "ethnische Minderheit" statt "Ausländer"
    • "Haushaltsmanageri" statt "Hausfrau"

5. Themengebiete mit hoher Euphemismus-Dichte

Wo kommen Euphemismen besonders häufig vor? Welche Themengebiete haben sich als wahre "Hochburgen" der euphemistischen Sprache herausgestellt? Das erfahrt ihr hier.

  • Tod und Sterben: Der Tod ist ein zentrales Thema, bei dem Euphemismen häufig zum Einsatz kommen. Die direkte Ansprache des Sterbens kann emotional belastend und kulturell tabuisiert sein.
  • Krankheit und Gesundheit: Krankheit und gesundheitliche Probleme sind oft mit starken Emotionen und Ängsten verbunden. Euphemismen helfen hier, die Schwere der Situation abzumildern.
  • Arbeitsplatz und Karriere: In der Arbeitswelt werden Euphemismen häufig verwendet, um Entlassungen, Arbeitsplatzverluste oder andere negative Entwicklungen zu beschönigen.
  • Finanzen und Wirtschaft: Finanzielle Probleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten sind oft heikle Themen, bei denen Euphemismen helfen können, die negative Konnotation zu mildern.
  • Alter und Gebrechlichkeit: Euphemismen werden häufig verwendet, um das Thema Alter und Gebrechlichkeit sensibler anzusprechen, ohne die betroffenen Personen zu verletzen.
  • Politik und Gesellschaft: Politische Sprache ist oft voll von Euphemismen, um kontroverse oder unpopuläre Maßnahmen zu beschönigen und die öffentliche Wahrnehmung zu steuern.
  • Recht und Verwaltung: Im juristischen und administrativen Bereich werden Euphemismen verwendet, um komplexe oder unangenehme Sachverhalte zugänglicher zu machen.
  • Werbung und Marketing: In der Werbe- und Marketingbranche sind Euphemismen weit verbreitet, um Produkte und Dienstleistungen attraktiver zu machen und negative Aspekte zu verschleiern.
  • Sexualität und Intimität: Euphemismen werden häufig verwendet, um über sexuelle Themen und Intimität zu sprechen, besonders in konservativen oder formellen Umfeldern.
  • Gewalt und Konflikte: In politischen Diskussionen und Medienberichten werden oft Euphemismen verwendet, um Gewalt und Konflikte weniger drastisch erscheinen zu lassen.
  • Bildung und Leistungsbewertung: In schulischen und beruflichen Kontexten werden Euphemismen verwendet, um Leistungen oder Probleme von Schülern oder Mitarbeitern weniger direkt zu bewerten.
  • Umwelt und Nachhaltigkeit: Im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden Euphemismen verwendet, um umweltschädliche Praktiken oder Probleme weniger negativ darzustellen.
  • Ethnische und kulturelle Sensibilität: Euphemismen werden auch eingesetzt, um ethnische oder kulturelle Unterschiede sensibel anzusprechen, ohne dabei beleidigend zu wirken.
  • Religion: Im Bereich der Religion werden Euphemismen ebenfalls häufig verwendet, um spirituelle oder religiöse Themen auf eine respektvolle und weniger direkte Weise anzusprechen.

6. Dysphemismus - das Gegenteil von Euphemismus

Ein Dysphemismus ist das Gegenteil eines Euphemismus. Während Euphemismen verwendet werden, um unangenehme oder heikle Themen auf eine milde und beschönigende Weise auszudrücken, dient ein Dysphemismus dazu, etwas auf eine harsche, abwertende oder abstoßende Weise zu beschreiben. Dysphemismen betonen die negativen Aspekte eines Sachverhalts und können oft beleidigend oder verletzend sein.

Beachte: Die Verwendung von Dysphemismen kann erhebliche negative Auswirkungen haben. Sie können verletzend, diskriminierend oder beleidigend sein und zu Missverständnissen, Konflikten oder sozialer Ausgrenzung führen. Daher ist es wichtig, sich der Macht der Sprache bewusst zu sein und Dysphemismen verantwortungsvoll zu verwenden, um unnötige Verletzungen oder Spannungen zu vermeiden.

6.1 Funktionen und Verwendung von Dysphemismen

Dysphemismen werden in der Kommunikation aus verschiedenen Gründen eingesetzt:

  • Ausdruck von Abneigung oder Feindseligkeit: Sie können verwendet werden, um Missfallen oder Feindseligkeit gegenüber einer Person, Gruppe oder Idee auszudrücken.
  • Stärkung der eigenen Position: In politischen oder ideologischen Auseinandersetzungen können Dysphemismen dazu dienen, die eigene Position zu stärken, indem die gegnerische Position negativ dargestellt wird.
  • Schaffung von Distanz: Dysphemismen können dazu beitragen, Distanz oder Abscheu gegenüber einem Thema zu erzeugen.
  • Humor und Ironie: Manchmal werden Dysphemismen humorvoll oder ironisch eingesetzt, um einen komischen oder sarkastischen Effekt zu erzielen.

6.2 Beispiele für Dysphemismen

Hier sind einige Beispiele für Dysphemismen, bei denen neutrale oder positive Begriffe durch negativ konnotierte Begriffe ersetzt werden:

  • "abkratzen" oder "krepieren" statt "sterben"
  • "alte Schachtel" statt "ältere Dame"
  • "Tattergreis" statt "älterer Herr"
  • "Penner" statt "Obdachloser"
  • "Gesindel" statt "Bedürftige"
  • "Fettsack" statt "Übergewichtiger"

7. Euphemismus Beispiele

In der folgenden Liste haben wir für euch eine Vielzahl von Beispielen zusammengestellt, die euch einen Einblick in die kreative und einfühlsame Welt der Euphemismen geben. Lasst euch inspirieren und entdeckt, wie ihr durch die richtige Wortwahl eure Kommunikation sensibler und wirkungsvoller gestalten könnt.

Euphemismus als Liste zum Ausdrucken

Über den Autor
Silvan Maaß ist Diplom-Kommunikationswirt (dab) sowie Mitbegründer der Sprachnudel, wodurch er sich seit 20 Jahren beinahe täglich mit theoretischer und angewandter Linguistik beschäftigt. Die Lebendigkeit der Sprache hat es ihm besonders angetan. Daher interessiert er sich insbesondere für Okkasionalismen und Neologismen - zwei kreative Themenfelder der Linguistikforschung, die in unserer Gesellschaft relevanter denn je sind.

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