Stil und Ton beim Schreiben in Deutsch

Autor: Silvan Maaß

Das Schreiben in Deutsch erfordert nicht nur eine korrekte Grammatik und Orthografie, sondern auch die Fähigkeit, den Schreibstil und den Ton an den jeweiligen Kontext und das Publikum anzupassen. Der Stil und Ton eines Textes bestimmen maßgeblich, wie die Botschaft beim Leser ankommt und wie effektiv sie vermittelt wird. Auf dieser Seite erhaltet ihr einen umfassenden Überblick darüber, wie ihr euren Schreibstil und -ton optimal anpassen könnt.

1. Verständnis des Kontexts und des Publikums

Bevor ihr mit dem Schreiben beginnt, ist es wichtig, den Kontext und das Publikum zu verstehen. Dies bildet die Grundlage für die Wahl des geeigneten Stils und Tons.

• Zweck des Textes: Überlegt euch, welchen Zweck euer Text erfüllen soll. Möchtet ihr informieren, unterhalten, überzeugen oder eine bestimmte Handlung auslösen?
• Zielgruppe: Identifiziert euer Publikum. Schreibt ihr für Fachleute, Laien, Kinder oder ein allgemeines Publikum? Die Kenntnis eurer Zielgruppe hilft euch, den passenden Stil und Ton zu wählen.

2. Anpassung des Schreibstils

Der Schreibstil umfasst die Wortwahl, Satzstruktur und den allgemeinen Sprachgebrauch. Hier sind einige Tipps zur Anpassung des Stils an den jeweiligen Kontext:

• Komplex vs. einfach: Passt die Komplexität eurer Sätze und die Fachterminologie an das Wissen eures Publikums an. Fachleute erwarten detaillierte und spezifische Informationen, während Laien eine einfachere und verständlichere Sprache bevorzugen.
  Beispiel: Komplexer Schreibstil
  
  Das Smartphone verfügt über eine hochauflösende Kamera mit 12 Megapixeln, die in der Lage ist, gestochen scharfe Bilder unter verschiedenen Lichtbedingungen aufzunehmen. Darüber hinaus ist es mit einem internen Speicher von 64 Gigabyte ausgestattet, was ausreichend Platz für eine Vielzahl von Anwendungen, Medien und Dateien bietet. Der leistungsstarke Akku sorgt für eine ganztägige Betriebsdauer, selbst bei intensiver Nutzung. Zudem beeindruckt der 6 Zoll große Bildschirm durch seine brillante Farbtreue und scharfe Auflösung, die eine exzellente Anzeigequalität gewährleistet.
  Beispiel: Einfacher Schreibstil
  
  Dieses Handy hat eine Kamera mit 12 Megapixeln. Es hat auch 64 GB Speicherplatz und einen Akku, der den ganzen Tag hält. Der Bildschirm ist 6 Zoll groß.
• Formell vs. informell: Ein formeller Stil ist oft in wissenschaftlichen Arbeiten, Geschäftsbriefen und offiziellen Dokumenten angemessen. Verwendet gehobene Sprache, komplexere Satzstrukturen und verzichtet auf umgangssprachliche Ausdrücke. Ein informeller Stil ist in persönlichen Briefen, Blogs und unterhaltsamen Texten angebracht. Hier könnt iht eine lockere Sprache und umgangssprachliche Wendungen nutzen.
  Beispiel: Formeller Schreibstil
  
  Sehr geehrte Frau Müller,
  
  ich hoffe, diese Nachricht erreicht Sie wohlbehalten. Ich schreibe Ihnen bezüglich unseres geplanten Meetings am kommenden Mittwoch. Aufgrund einer dringenden Angelegenheit möchte ich höflichst um eine Verschiebung des Termins auf Freitag, den 12. Juni, bitten. Könnten Sie mir bitte mitteilen, ob dieser Zeitpunkt für Sie passend wäre?
  
  Für Ihre Rückmeldung bedanke ich mich im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
  
  Hans Schmidt
  Beispiel: Informeller Schreibstil
  
  Hey Lisa,
  
  ich hoffe, dir geht’s gut! Ich wollte mal fragen, ob wir unser Treffen am Mittwoch verschieben können. Mir ist was Dringendes dazwischengekommen. Wie sieht’s bei dir am Freitag aus?
  
  Lass mal hören, ob das für dich passt!
  
  Liebe Grüße,
  Hans
• Direkt vs. umschreibend: Eine direkte Sprache eignet sich für klare Anweisungen und präzise Informationen. Umschreibende Sprache kann verwendet werden, um Sachverhalte detailliert zu erklären oder eine Atmosphäre zu schaffen.
  Beispiel: Direkter Schreibstil
  
  Es regnete stark. Der Wind war heftig und die Straßen wurden schnell überschwemmt.
  Beispiel: Umschreibender Schreibstil
  
  Dicke, schwere Regentropfen prasselten unablässig vom Himmel herab, begleitet von einem ungestümen Wind, der durch die Bäume pfiff und die Blätter zum Tanzen brachte. Innerhalb kürzester Zeit verwandelten sich die Straßen in kleine Bäche, während das Wasser unaufhaltsam an den Bordsteinen emporstieg und die Welt in einen trüben, grauen Schleier hüllte.

3. Anpassung des Tons

Der Ton eines Textes vermittelt die emotionale Haltung des Autors und beeinflusst, wie der Text vom Leser wahrgenommen wird.

• Neutral vs. emotional: Ein neutraler Ton ist sachlich und unpersönlich, geeignet für wissenschaftliche Texte und objektive Berichte. Ein emotionaler Ton kann verwendet werden, um Leser zu motivieren, zu inspirieren oder eine persönliche Verbindung herzustellen.
  Beispiel: Neutraler Ton
  
  Der Sonnenuntergang findet um 18:30 Uhr statt. Die Sonne geht hinter den Hügeln unter, und der Himmel verändert seine Farbe von Blau zu Orange und schließlich zu Dunkelblau. Es wird kühler, und die ersten Sterne erscheinen am Himmel.
  Beispiel: Emotionaler Ton
  
  Der Sonnenuntergang um 18:30 Uhr ist ein atemberaubendes Schauspiel. Die Sonne taucht die Landschaft in ein warmes, goldenes Licht, während sie langsam hinter den sanften Hügeln verschwindet. Der Himmel erstrahlt in einem prächtigen Farbenspiel aus leuchtendem Orange und tiefem Blau. Eine friedliche Stille legt sich über die Szenerie, und die kühle Brise kündigt die nahende Nacht an, während die ersten funkelnden Sterne den Himmel schmücken.
• Höflich vs. freundlich: Höflichkeit ist besonders in formellen und geschäftlichen Kontexten wichtig. Verwendet eine respektvolle und zurückhaltende Sprache. Freundlichkeit kann in persönlichen und informellen Texten angewendet werden, um eine warmherzige und einladende Atmosphäre zu schaffen.
  Beispiel: Höflicher Ton
  
  Sehr geehrter Herr Schmidt,
  
  ich hoffe, diese Nachricht erreicht Sie wohlbehalten. Ich möchte höflich anfragen, ob es möglich wäre, unser geplantes Treffen auf nächste Woche zu verschieben. Ein unvorhergesehener Termin ist dazwischengekommen, und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir einen neuen Termin finden könnten, der für beide Seiten passt.
  
  Für Ihre Rückmeldung bedanke ich mich im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
  
  Maria Müller
  Beispiel: Freundlicher Ton
  
  Hallo Herr Schmidt,
  
  ich hoffe, es geht Ihnen gut! Leider ist bei mir ein unvorhergesehener Termin dazwischengekommen, und ich wollte fragen, ob wir unser Treffen auf nächste Woche verschieben können? Das wäre super, wenn das für Sie passt.
  
  Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße,
  
  Maria Müller
• Ernst vs. humorvoll: Ein ernster Ton ist angemessen für ernste Themen und professionelle Kommunikation. Humor kann verwendet werden, um den Leser zu unterhalten und den Text leichter zugänglich zu machen. Er sollte jedoch den Kontext und das Publikum berücksichtigen.
  Beispiel: Ernster Ton
  
  Die Umweltverschmutzung stellt eines der größten Probleme unserer Zeit dar. Jährlich gelangen Millionen Tonnen an Plastikmüll in die Ozeane, was verheerende Auswirkungen auf die Meeresökosysteme hat. Viele Tierarten sind durch den Verlust ihres Lebensraums und die Verschmutzung ihrer Nahrungsquellen vom Aussterben bedroht. Es ist dringend notwendig, dass wir unser Konsumverhalten ändern und nachhaltigere Lösungen finden, um die Umwelt zu schützen.
  Beispiel: Humorvoller Ton
  
  Stellen Sie sich vor, Sie gehen an den Strand und finden mehr Plastikflaschen als Muscheln – willkommen im 21. Jahrhundert! Unsere Ozeane gleichen mittlerweile eher einer Müllhalde als einem Erholungsort für Fische. Die Schildkröten haben mehr Plastiktüten als Quallen auf dem Speiseplan, und Möwen überlegen, ob sie demnächst auf Recycling umsteigen sollten. Ernsthaft, Leute, wir müssen unseren Planeten aufräumen, bevor die Pinguine anfangen, uns Mülltonnen zu verkaufen.

4. Beispiele für unterschiedliche Kontexte

Um die Anpassung von Stil und Ton besser zu verdeutlichen, findet ihr im Folgenden einige Beispiele für verschiedene Textarten:

• Geschäftsbrief: Ein Geschäftsbrief sollte formell, höflich und direkt sein. Vermeidet umgangssprachliche Ausdrücke und haltet den Text sachlich.
  
  Beispiel: "Sehr geehrte Frau Müller, hiermit möchte ich Ihnen mitteilen, dass..."
• E-Mail an einen Freund: Eine E-Mail an einen Freund kann informell, freundlich und persönlich sein. Verwendet eine lockere Sprache und persönliche Anrede.
  
  Beispiel: "Hey Tom, wie geht's dir? Wollte nur kurz Bescheid sagen, dass..."
• Blogbeitrag: Ein Blogbeitrag kann informell, direkt und je nach Thema humorvoll oder ernst sein. Passt den Ton an euer Publikum an.
  
  Beispiel: "Heute möchte ich euch zeigen, wie ihr ganz einfach..."
• Wissenschaftlicher Artikel: Ein wissenschaftlicher Artikel sollte formell, sachlich und neutral sein. Verwendet Fachterminologie und komplexe Satzstrukturen.
  
  Beispiel: "In dieser Studie wurde untersucht, wie..."

5. Überarbeitung und Feinschliff

Nachdem ihr euren Text verfasst habt, solltet ihr ihn sorgfältig überarbeiten, um sicherzustellen, dass Stil und Ton konsistent und angemessen sind.

• Lest den Text laut: Beim lauten Lesen fallen euch Ungereimtheiten und unpassende Formulierungen schneller auf.
• Feedback einholen: Bittet eure Kollegen, Freunde oder Fachleute, euren Text zu lesen und Feedback zu geben.
• Anpassen und Verfeinern: Nehmt Änderungen vor, um den Stil und Ton des Textes zu optimieren.

6. Fazit

Das Anpassen von Stil und Ton an den jeweiligen Kontext und das Publikum ist eine wesentliche Fähigkeit beim Schreiben. Durch die bewusste Wahl von Wortwahl, Satzstruktur und Sprachgebrauch könnt ihr sicherstellen, dass euer Text klar und überzeugend ist und beim Leser die gewünschte Wirkung erzielt. Übung und Feedback sind entscheidend, um diese Fähigkeit zu verbessern und eure Texte effektiv zu gestalten.

Über den Autor
Silvan Maaß ist Diplom-Kommunikationswirt (dab) sowie Mitbegründer der Sprachnudel, wodurch er sich seit 20 Jahren beinahe täglich mit theoretischer und angewandter Linguistik beschäftigt. Die Lebendigkeit der Sprache hat es ihm besonders angetan. Daher interessiert er sich insbesondere für Okkasionalismen und Neologismen - zwei kreative Themenfelder der Linguistikforschung, die in unserer Gesellschaft relevanter denn je sind.